Freitag, 14. November 2008

Vicky Cristina Barcelona

Filme von Woody Allen lassen sich in den letzten Jahren etwas bösartig auf die Formel „schöne Menschen an schönen Orten“ bringen. Die schönen Orte sind dieses Mal Barcelona und Umgebung; die schönen Menschen Scarlett Johansson (natürlich), Penélope Cruz, Javier Bardem und Rebecca Hall. „Vicky Cristina Barcelona“ erzählt vom Sommer in Europa zweier ungleicher Freundinnen aus Amerika und dekliniert anhand ihrer Erlebnisse die Spielarten von Liebe und Beziehung durch. Die verlobte Vicky, deren zukünftiges Leben auf beängstigende Art festgeschrieben scheint, wird trotz massivem Widerstand vom draufgängerischen Charmeur Juan Antonio aus der Bahn geworfen. Die experimentierfreudige Cristina ihrerseits reisst sich geradezu darum, aus jeglichem Ansatz festgeschriebener Bahnen geworfen zu werden, und findet sich ohne grosse Anstrengung in einer intensiven Dreiecksbeziehung mit Juan Antonio und seiner cholerischen Ex María Elena wieder. Mit dem Rückflug nach Amerika lassen die beiden Freundinnen ihr Sommerleben und ihre Sommerlieben in Spanien zurück; sie kommen – oh ironische Wendung – wieder fast genau dort an, von wo sie aufgebrochen waren.

Der Film ist etwas chaotisch, durchaus tiefsinnig, wenn auch leicht überspitzt. Die Möglichkeit und Unmöglichkeit(en) von Liebe und Beziehungen faszinieren und bedrücken. Dass ich dennoch nicht wirklich vom Hocker gerissen wurde, liegt hauptsächlich an Allens Entscheid, den Film durch einen Erzähler kommentieren zu lassen: Unmotiviert schwankend zwischen altklug und witzig, mit einem unnötig pseudo-dokumentarischen Effekt, hat dieser dem Film nichts gebracht, aber viel von seiner Leichtigkeit und Ironie genommen. Bleiben die schönen Menschen und Orte: So waren die anderthalb Stunden im Kino in erster Linie ein Vergnügen für die Augen – für einen Film von Woody Allen ein eher zweifelhaftes Kompliment.


Technisches: "Vicky Cristina Barcelona" läuft wahrscheinlich gerade noch knapp in einem Lichtspielhaus in Ihrer Nähe, und sonst warten Sie halt auf die DVD.

1 Kommentar:

  1. Auch für mich eine der grössten Enttäuschungen seitens W.A. Die hitzigen Wortgefechte zwischen Künstler (Bardem) und seiner Muse/Ehefrau (Cruz) sind da noch am unterhaltsamsten und irgendwie am meisten authentisch. Ansonsten viel Klischee und eher Niveau von Kirsten Dunst in "Get Over It". Und Johansson ist seit 2004/2005 wohl auf dem absteigenden Ast. Schade um eine (ehemals?) schauspielerisch wie optisch vielversprechende Darstellerin. Die dritte Titelhauptfigur kommt in diesem Film auch nicht wirklich zum Zug. Wenn das Film-Barcelona nur aus den aus jedem Reiseführer bekannten abgedroschenen Orten besteht, dann kann W.A. leider nur der von ihm selber kritisierte oberflächliche Amerikanismus vorgeworfen werden. Lichtblick, wenn schon, waren in diesem Film Hall und Cruz...
    Fazit: Schade um Bardem, schade um Cruz, schade um Barcelona...

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