Montag, 9. Juli 2012

Der Spion, der sich liebte

Ein Geständnis: Im Hause Phemios greift man zur Entspannung nach einem intensiven Tag oder zum gemütlichen Ausklingenlassen eines Ferienabends gerne mal zu einem amüsanten, meist nicht sehr tiefgängigen Film. Eine kleine, repräsentative Kollektion komischer DVDs steht dazu im Regal und wird gelegentlich aus den Wühltischen des Elektronikfachhandels weiter alimentiert. Die Leserschaft wird mir nachsehen, dass solcherlei Kulturgenuss eher selten seinen Niederschlag in den Blogspalten findet: In der Regel gibt es kaum etwas darüber zu sagen, Hauptziel sind schlicht eineinhalb Stunden Vergnügen.

Auch dieser Artikel dürfte nicht übermässig lang werden. Sein Interesse liegt vor allem am Hauptdarsteller: Jean Dujardin. Einem breiten Publikum ist er vor wenigen Monaten bekannt geworden als Oscar-Gewinner für seine Rolle im Stummfilm The Artist, für die er bereits praktisch alle anderen relevanten Schauspieler-Preisen eingeheimst hatte. Vor dem plötzlichen internationalen Durchbruch war Dujardin allerdings in Frankreich bereits eine feste Grösse im komischen Fach, berühmt unter anderem für seinen Part in der Paar-Episoden-Serie Un gars, une fille und seine Verkörperung des blondmähnigen Surfers Brice de Nice. Da und anderswo war seine Paraderolle diejenige des grenzdebilen Dauergrinsers, den er leicht, frisch und absolut ungeniert auf die Leinwand brachte.

Die genau gleiche Rolle spielt Jean Dujardin auch in der Spionageparodie OSS 117. Aus Wikipedia erfahre ich soeben, dass die literarische Vorlage dazu eine Romanserie von Jean Bruce war, einem Zeitgenossen von Ian Fleming und diesem offenbar nicht unähnlich, wenn auch sein Ausstoss (und später derjenige seiner Frau und Kinder) denjenigen des berühmteren Konkurrenten um ein Vielfaches überstieg. Nach einer Serie von Filmadaptationen in den sechziger Jahren wurde der Faden von Michel Hazanavicius 2006 mit OSS 117: Le Caire nid d’espions wieder aufgenommen und ins Parodistische gewendet. Für den aufgeblasenen, schleimigen, chauvinistischen und reichlich doofen Agenten Hubert Bonisseur de la Bath, Codename OSS 117, hätte Hazanavicius keinen besseren Darsteller finden können als Dujardin. Makellos gekleidet und durch keinen Zweifel zu erschüttern beweist dieser stupende Treffsicherheit auf seiner Mission durch die Fettnäpfchen des Nahen Ostens.

Freilich kommt die Komödie nicht wirklich zum Fliegen. Meistens entlockte sie uns nur gerade ein Schmunzeln – zu mühsam entwickelt sich die Geschichte, zu aneinandergereiht wirken die Gags, zu repetitiv wird OSS117s überdrehtes Frohlocken. Immerhin sind wir bei einer Szene schier vom Sofa gerollt vor Lachen: Auf einem Empfang in der britischen Botschaft treffen sich verschiedene einheimische und fremde Agenten, alle in ihrer Tarnung als Manager diverser Kleintierzuchtbetriebe, und schlagen sich, nach den einleitenden Höflichkeiten, mit bedeutungsschwangerem Blick zunehmend abstrusere Sprichwörter und Redewendungen um die Ohren. Mittendrin: Francois Damiens (der trottlige Wirt aus Rien à déclarer) als Raymond Pelletier, Direktor der Société Belgo-Egyptienne d'Elevage de Poulet, der von diesem feinen Netz von Anspielungen überhaupt nichts rafft, aber unverdrossen und mit Hundeblick seine eigenen Weisheiten ins Gespräch einwirft. Das ist ganz hohe komödiantische Kunst, meisterhaft geschrieben und ausgeführt. Leider gibts davon sonst nur ein gelegentliches Aufblitzen zu sehen – zu wenig, um zu begeistern, gerade genug, um den Film einigermassen über die Distanz zu retten.

Technisches: Auf die üblichen Distributionskanäle für Filme muss ich wohl nicht mehr hinweisen; dafür vielleicht auf den überaus gelungenen Titel der deutschen Version: OSS117 – Der Spion, der sich liebte. Das in Rio spielende Sequel aus dem Jahr 2009 habe ich noch nicht gesehen.

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