Montag, 18. Juni 2007

Es ginge schon, aber es geht nicht

Nochmals im Theater letzte Woche, als wollte ich die Saison vor ihrem Ende noch möglichst intensiv auskosten. Zu meiner Schande sei’s gestanden: Ich habe das ganze eindrückliche Jahr an der Effingerstrasse verpasst und mir nur das allerletzte der neun Kammerspiele angesehen. (Ebenfalls zu meiner Schande sei’s gestanden, dass ich, solange ich in Bern wohnte, ausschliesslich Parteien wählte, die das Theater an der Effingerstrasse um keinen Preis öffentlich subventionieren wollten – aber das ist eine andere Geschichte.) Gegeben wurde „Eine pornographische Beziehung“; wieder eine Filmadaption, das liegt diesem Theater offensichtlich. Den Film hatte ich nicht gesehen und kann deshalb nicht vergleichen, aber wie hier ein Stoff übernommen und auf die Stärken des neuen Genres – die Unmittelbarkeit, Nähe, Intimität – angepasst wurde, zeugte von grossem Verständnis der eigenen und fremden Möglichkeiten.

Ein kurzes Stück, die Fabel ist schnell erzählt: Ein Mann und eine Frau beginnen, aufgeklärt-experimentierfreudig-modern, eine rein sexuelle (oder eben pornographische) Beziehung: Treffpunkt jede Woche im Kaffee, Dislokation ins Hotel, Vollzug, Abschied. Dass das nicht gut gehen kann, weiss der geneigte Theaterbesucher. Dass sich aus dieser Konstellation die Möglichkeit einer grossen Liebe entwickeln könnte, ist die menschenfreundliche Drehung, die der Autor der Geschichte gegeben hat. Dass die beiden dann, gewissermassen aus Angst, der andere wolle nicht richtig, dem schon fühlbaren und ersehnten Glück scheinbar nüchtern den Rücken kehren, ist vielleicht die richtige Entscheidung: So bleibt die Beziehung eine süsse Erinnerung, ohne sich im schon skizzierten Räderwerk des Alltags aufzureiben. Es ginge schon, aber es geht nicht.

Das Bühnenbild, ja die äussere Handlung sind minimal. Dieser schlichte Rahmen erlaubt es dem protagonierenden Paar, unsere ganze Aufmerksamkeit auf seine Regungen, Wünsche, Selbstzweifel, auf sein Herzklopfen und seine Enttäuschung zu ziehen. Ein Leckerbissen an Ironie und Eleganz ist der witzigste Geschlechtsakt, der in letzter Zeit auf deutschsprachigen Bühnen zu sehen war (ich habe sonst keinen gesehen, aber bin da ziemlich sicher).

„Eine pornographische Beziehung“ läuft an der Effingerstrasse noch bis am 30.6. Das Programm der nächsten Saison ist erschienen, und ich werde mir einige Stücke in die Agenda eintragen – so viel wie dieses Jahr will ich nicht mehr verpassen.

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