Samstag, 4. Oktober 2008

Il était une fois

Noch ein Festival im festivalreichen Fribourg: Das Festival International du Conte de Fribourg, offenbar zusammen mit dem Storytellermuseum alias Swiss Institute of Intangible Heritage hier angekommen, erlebte soeben seine zweite Auflage, und dieses Mal haben auch wirs geschafft. Ich gestehe, dass ich ziemlich gespannt war: Das Geschichtenerzählen als Kunstform war mir nicht vertraut, auch hatte mir seit Jahren niemand mehr eine Geschichte erzählt, schon gar nicht im Theater. Wie also soll das gehen? Die Antwort ist simpel: Mit einer eindrücklichen, unmittelbar packenden Bühnenpräsenz, einer schönen, reichen Stimme und – natürlich – einer guten Geschichte. Catherine Gaillard erzählte von Amazonen, zwei zunächst offensichtlich unzusammenhängende Geschichten, die sich nach und nach mit mehr und mehr Parallelen immer stärker miteinander verbanden. Zur Geschichte vom Krieg der Athener unter Perimos gegen das Reich der Amazonen von Königin Antinea trat die Geschichte von Sara und Ariane im heutigen Genf. Geschichten von Liebe und Leid, vom Zweifeln und Entscheiden, vom Verlieren, Loslassen und Gewinnen. Mit nichts als sich selbst und ihrer Stimme liess Catherine Gaillard aus dem Nichts der leeren Bühne vergangene und gegenwärtige Welten entstehen, baute Städte, schuf Personen und liess sie aufeinander treffen. Und mit einem halben Auge schauten wir von Zeit zu Zeit auf die Simultanübersetzerin in Gebärdensprache, die diese parallelen Geschichten in einer anderen, ebenso magischen und ausdruckstarken Sprache noch einmal parallel erzählte.


Der Vollständigkeit halber noch ein paar Worte zum Ort des Geschehens. Ich war nämlich diesen Abend auch zum ersten Mal in Nuithonie, dem schon in die dritte Saison startenden Tanz- und Theaterzentrum an der Peripherie Fribourgs. Eigenwillige und mutige Kulturpolitik dieser gesegneten Stadt: Mitten im Zentrum an bester Lage wächst zur Zeit ein Theater für Gastspielproduktionen in die Höhe, und nicht etwa in einem Altbau im Industriequartier wie sonst so üblich, sondern im Mummenschanztheater der expo.02 mit Anhang am Rande von Cormanon, dem Neubauquartier für die Besserverdienenden, sind eben die beiden Säle von Nuithonie beheimatet. Ich muss mich sehr an der Nase nehmen dafür, dass ich das vielfältige Programm dieses neuen Kulturortes zwar bisher immer aufmerksam und interessiert studiert, aber nie selber ausprobiert habe, und gelobe Besserung. Wenn es denn noch eines Arguments bedurft hätte, hat es die Bar mit ihrer Preispolitik geliefert: 12 Franken für einen Ouzo (von der noch nicht ganz fertig geschulten Bedienung allerdings im Cognacglas ohne Eis serviert), ein Panaché und ein Schweppes – dafür gäbs im Schiffbau wohl grad mal ein Mineralwasser...


TECHNISCHES: Das 2. Internationale Geschichtenfestival ist vorbei; das dritte findet bereits im nächsten Frühling statt.

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