Beschäftigungsprogramme für Arbeitslose stehen oft im zweifelhaften Ruf, dass sie nicht mehr sind als eben das: Programme, damit die Arbeitslosen irgendwie beschäftigt sind. Kürzlich war jedoch in Fribourg das Resultat eines Arbeitslosenprojekts zu besichtigen, das nichts weniger als spektakulär zu nennen ist: das Modell der Stadt Fribourg im Jahr 1606. 1996 gaben Stadtrat und Arbeitsamt den Anstoss zum Projekt, die berühmte Stadtansicht des Graveurs Martinus Martini in drei Dimensionen zu realisieren, und seither haben insgesamt 450 Stellensuchende über 150'000 Stunden in das Stadtmodell investiert und sich dabei Zusatzqualifikationen in Gebieten wie AutoCAD oder Modellbau erworben. Jetzt ist das Modell fertig und konnte über die Weihnachtszeit zum ersten Mal in seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit präsentiert werden. Ort des Geschehens war die Safe Gallery im Untergeschoss der Kantonalbank; grosszügige, weitläufige Räumlichkeiten an einem Ort, wo man gemeinhin Tresore erwarten würde. Das Modell füllte den grossen Saal allerdings locker: Auf 55 m2 breitet sich die Canyonlandschaft von Saane und Galterenbach aus, 17 Laufmeter Stadtmauern umgeben 1'700 präzise nachgebildete (und von innen beleuchtete) Miniaturgebäude im Massstab 1:250. Von schmalen Podesten rundherum konnte man sich dieses Miniatur-Fribourg zu Gemüte fügen, soweit einem nicht jemand anderes die Sicht verdeckte – der Publikumszuspruch war enorm, das Interesse riesig. Eine Art son et lumière liess einen Tag im Fribourg von 1606 wieder aufleben, beleuchtete die einzelnen Quartiere und ihre Geschichte, berichtete aus dem Alltag und ergänzte das Modell mit virtueller Realität. Noch spannender und bereichernder fand ich aber das einfache Betrachten, Entdecken und Analysieren. Die aussergewöhnliche didaktische Wirkung einer Luftansicht verband sich dabei mit dem Entdeckungspotential eines Stadtrundganges zu einem tieferen Verständnis der Geschichte, der Entwicklungen, der geografischen und baulichen Struktur.
Das Projekt ist zu Ende, das Modell ist fertig – was jetzt? Selbstverständlich wäre es jammerschade, dieses fantastische historische Anschauungsmaterial wieder zu magazinieren und nur alle paar Jahre an irgendwelchen Messen aufzubauen. Deshalb sammelt ein Unterstützungsverein Geld, um diesem Kunstwerk im kürzlich abgebrannten und wiedererrichteten Werkhof an der Unteren Matte einen festen Platz zu geben. Ich kann mir keine bessere Ergänzung zu einem Rundgang durch die Freiburger Altstadt vorstellen als dessen Nachvollzug anhand des Stadtmodells, zumal mehr als zwei Drittel der darauf dargestellten Gebäude immer noch stehen. Deshalb wünsche ich dem Verein Association Werkhof-Frima raschen Erfolg mit seinem Vorhaben und werde selber natürlich auch mein Scherflein beitragen.
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