Dienstag, 12. Januar 2010

Julia und Romeo

Die erneute lange Blogpause ist Cablecom geschuldet, beziehungsweise deren Unfähigkeit, innert nützlicher Frist unser neues Modem zu aktivieren. Nach einer Woche digitaler Abstinenz steht jetzt immerhin die Verbindung mit dem Internet wieder. Das ermöglicht es mir, den längst fälligen Bericht zur Saisoneröffnung des (glücklicherweise geretteten) Berner Balletts nachzuliefern. Auf dem Programm stand Shakespeare, „Romeo und Julia“ – beziehungsweise „Julia und Romeo“. So benennt Cathy Marston ihre Interpretation von Prokofjews Ballettmusik, so gewichtet sie. Julia steht im Zentrum, und sie liegt ganz zu Beginn vorne an der Bühne; zum wuchtigen, dissonanten Einsatz des Orchesters spielt sie selbstverloren mit dem Dolch, der hier noch mehr Accessoire als Mordinstrument ist (zumal es sich um eine Spiegelscherbe handelt), aber trotzdem von Anfang an das Stück überschattet und schneidend deutlich auf dessen tragisches Ende hinweist. Cathy Marston zeigt in ihrer Choreografie zunächst auf, dass das eigentlich nicht so sein müsste. Denn eigentlich ist diese Julia ein vom Glück angelachter Mensch. Ihre Beziehung zu Romeo ist unbeschwert und innig, und in den dunklen Stunden der Angst und des Zweifels steht ihr liebevoll und aufmunternd Bruder Lorenzo zur Seite. Doch das private Glück der Julia hat keine Chance gegen die Mächte des Schicksals. Wie die verfeindeten Familien bedrohlich ihre Fehden austragen und brutal das Leben aller Involvierten in Beschlag nehmen, wie der mögliche Ausweg immer schmaler, immer weniger gangbar wird, wie schliesslich alle Lösungen bis auf eine ausser Betracht fallen – auch das wird deutlich und schonungslos gezeigt. Zuletzt sehen wir die tote Julia in einer Schlussszene von plötzlicher poetischer Schönheit.

Hier werden grosse Gefühle verhandelt; hier verbindet sich die expressionistische Intensität der Musik mit der Körperbeherrschung der Tänzerinnen und Tänzer zu jenem Gesamtkunstwerk, als das ich das Ballett lieben gelernt habe. Das Bühnenbild, eine Stahlgerüstkonstruktion, erinnert (passend für dieses tänzerische Stück) an die Stangen im Tanzsaal, an die Burgen und Paläste, die den Rahmen der Handlung bilden, aber auch an ein Gefängnis, dessen Mauern sich die Protagonisten entlang hangeln, ohne sie bezwingen zu können.


Technisches: Zwischen Zügelstress und Kommunikationspannen kommt dieser Post nur noch der Form halber rechtzeitig vor der Dernière. Aber die Saison geht ja noch vielversprechend weiter…

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