Samstag, 19. Mai 2007

Grosse Frage, falsch gestellt

Lange nicht mehr gebloggt, nicht aus Mangel an Stoff, eher aus Mangel an Musse. Da braucht es schweres Geschütz, wie es die Weltwoche auffährt, um mich doch noch an die Tastatur zu treiben; genauer: Philipp Guts letztwöchigen journalistischen Amoklauf. Unter dem Bluemete-Trögli-Titel „Geborgenheit und Herzenswärme“ startet er furios mit Eva Herman – klar, es geht um das Ideal der Vollzeit-Hausfrau. Weit gefehlt: In der Mitte des mit freihändig zitierten Statistiken und Umfragen gespickten Artikels wird der entscheidende Streich geführt, und zwar gegen die Fremdbetreuung, sprich die von links und liberal immer überzeugter geförderten Kinderkrippen. Mit Erstaunen nimmt man zur Kenntnis, dass sogar kinderbetreuende Väter in Kauf genommen werden, wenn nur unter allen Umständen die Krippen vermieden werden können. Über diese brüske Wendung teils staunend, teils schmunzelnd, wird der geneigte Leser nochmals kalt geduscht: Das Intermezzo war wohl nur eine captatio benevolentiae, die Schlussaussage lässt keine Unklarheit mehr zu: Die bürgerliche Kernfamilie ist des Pudels Kern.

Ob solchem Achterbahnjournalismus streckt auch der Produktionschef die Waffen (oder wer immer das Editorial schreibt). Verstehen tut ers nicht mehr, aber dass er etwas ganz grosses vor sich hat, das merkt er noch in seiner Verwirrung, und greift tief in den Topf mit dem Pathos:

Rechtzeitig zum Muttertag ist eine der grossen Fragen zu lancieren: Warum eigentlich drängen ungezählte Frauen trotz Kindern und Familie wieder in den Arbeitsmarkt? Was eigentlich ist so grossartig an einem Alibi-Bürojob auf Kosten von „quality time“ mit der eigenen Familie?

Schade. So nahe dran – und so grandios knapp daneben. Die Frage, die wirklich endlich einmal zu lancieren wäre, lautet ganz ähnlich, aber leider trotzdem ganz anders:

Warum eigentlich drängen ungezählte Männer trotz Kindern und Familie in den Arbeitsmarkt? Was eigentlich ist so grossartig an einem Bürojob auf Kosten von „quality time“ mit der eigenen Familie?

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