Sonntag, 15. März 2009

Centrale Montemartini

Es ist nicht besonders originell, die Centrale Montemartini für ein spektakuläres und eindrückliches Museum zu halten. Aber ich kann mir nicht helfen: Der Besuch hat mich tatsächlich begeistert. Die Rede ist von einem alten thermoelektrischen Kraftwerk, einem prächtigen neoklassizistischen Industriedenkmal südlich des Zentrums von Rom, das 1912 als erstes öffentliches Elektrizitätswerk auf dem Gebiet der schnell wachsenden Stadt eröffnet und bis in die Fünfziger Jahre regelmässig weiter ausgebaut wurde. In erster Linie produzierte die Centrale Bandenergie über eine mit Kohle alimentierte Dampfturbine von 20 MW Leistung; zu den Spitzenzeiten am frühen Abend wurden zusätzlich die beiden 5-MW-Dieselgeneratoren angeworfen. Ab 1963 wurde das Kraftwerk ausser Betrieb genommen und lag jahrelang brach, bevor es Ende der Achtziger Jahre renoviert und zunächst als Kulturzentrum gebraucht wurde. Die zündende Idee war dann die Verwendung dieses Industriemuseums als provisorischer Ausstellungsraum für die ausgelagerten antiken Skulpturen aus den zu renovierenden Kapitolinischen Museen. Die Originalität und überzeugende Ästhetik dieser Kombination führten zu einer Überführung des Provisoriums in ein dauerhaftes Museum.

Man steigt also an der Station Garbatella aus der Metro der Linie B, überquert das ausufernde Gleisfeld und schlängelt sich zwischen Brachen, Parkplätzen und Schnellimbiss zur Via Ostiense. Schräg gegenüber führt ein schmaler Durchgang auf einen schon fast lieblich zu nennenden, palmenbestandenen kleinen Platz, auf dem sich die markante, elegante Fassade der Centrale Montemartini erhebt. Gleich beim Betreten des Gebäudes empfängt einen der charakteristische Geruch von Maschinen und Motoren. Der erste, der republikanischen Kunst gewidmete Teil des Museums spielt sich gewissermassen im Untergrund ab. Nur da und dort weisen massive Rohre, Schlackensammler und übergrosse Werkzeuge auf die titanischen Vorgänge hin, die sich im Stockwerk darüber abspielten. Über eine schmale Treppe steigt man dann in den Maschinensaal, eine hohe, helle Halle, dominiert von der Wucht der beiden dreifach mannshohen und zwanzig Meter langen Zehnzylindermotoren und den mächtigen Rädern ihrer Generatoren. Aufgereiht rund um diese rohen Giganten der Industriekultur ist der helle Marmor der Skulpturen aus dem Zentrum der kaiserlichen Stadt. Der Kontrast fasziniert auf den ersten Blick. Die Gegenüberstellung der antiken Statuen mit den schwarzen Kolossen lässt ihre Leuchtkraft, ihre Körperlichkeit, ihre Lebendigkeit noch stärker als üblich hervortreten. Gleichzeitig lässt sich durch das Studium der Schaltpulte, Leitungen und Räder das Funktionieren der Motoren und Generatoren nachvollziehen. Das Hin-und-Zurück zwischen Antike und Industriezeitalter sorgt für einen anregenden, unangestrengten Museumsbesuch. Abgerundet wird dieser durch den ebenso imposanten Kesselsaal. Vor einem letzten erhaltenen gemauerten Dampfkessel ganz hinten ist rund um das Jagdmosaik von Santa Bibiana eine Gartenlandschaft mit Statuen und Wasserbecken rekonstruiert, welche die Atmosphäre der horti, der gestalteten Natur inmitten der Stadt evoziert.

Bewunderns- und betonenswert ist, wie hier aus zwei (bereits erstklassigen) Ausgangspunkten ein Ganzes geschaffen wurde, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Dazu kommt, dass die Centrale Montemartini etwas abseits der Haupt-Touristenströme, aber in einer spannenden Gegend liegt. Gegenüber, im ehemaligen Zentralmarkt, hat sich ein Kulturzentrum eingerichtet. Und wenige Gehminuten Richtung Zentrum stösst man auf die Stadtmauer mit der Cestius-Pyramide, auf den idyllischen protestantischen Friedhof und den antiken Scherbenhügel des Testaccio.

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