Freitag, 6. Juli 2007

Stadtspaziergänge (2)

Nach dem Nachtessen: Der Himmel ist blau, die Sonne steht noch hoch - die Gelegenheit für einen Abendspaziergang. Da ich im Fribourger Jubiläumsbuch (dazu später mehr) eben ausführlich über die Industrialisierungsversuche von Guillaume Ritter mit dem Pérolles-Stausee und seinen Treibriemen hinauf auf die Ebene gelesen habe, beschliesse ich, mir die Staumauer anzusehen. Hinter dem Kollegium Heiligkreuz, daran erinnere ich mich und das sagt mir auch die Karte, geht der Weg in den Wald und dann hinunter zum See. Irgendwas mache ich wohl falsch, denn zum Schluss muss ich mich auf grossem Gefälle um eine Felsnase zum Chemin Ritter hinunterwinden und überrasche dabei einen Soldaten, der ein rauchendes Feuer bewacht. Ich dringe nicht weiter in das aktuelle Verteidigungsdispositiv ein und bin nach wenigen Schritten am See.
Nach den Regenfällen der letzten Wochen ist dieser randvoll. Das Kraftwerk produziert nicht, und so stürzen die Wassermassen über den Überlauf tosend in die Tiefe; im Wasservorhang dampft ein Regenbogen mit seinem Nebenbogen. In aller Ruhe stehen zur anderen Seite die Schilffelder im See. Die Pérolles-Staumauer ist die älteste Betonstaumauer Europas und sieht ein bisschen so aus, wie wenn ihre Oberfläche von Hand mit einer groben Schaufel gefertigt worden wäre - keine Spur der perfekten Kugelflächen der grossen Alpenstaumauern.

Vorbei an den Ruinen des vor zwei Jahren vom Hochwasser dahingerafften Stegs komme ich zum Kloster Maigrauge (Magerau). Es ist noch nicht spät, und ich bin noch fit. So steige ich hinter dem Kloster den steilen Weg nach dem Sonnenberg und Bourguillon hoch. Zur Linken majestätisch breit die Altstadt, zur Rechten nach dem Kloster Montorge (Bisemberg) wieder das Wasserrauschen vom See, der hier fast senkrecht unter mir liegt, erreiche ich die Loretto-Kapelle und das Stadttor und bin bald in Bourguillon. Den Abstieg entlang der Hauptstrasse nehme ich gerne in Kauf, weil ich kurz darauf mit der Aussicht von der Galterenbrücke entschädigt werde. Die Abendsonne scheint mir ins Gesicht; die Altstadt unter meinen Füssen liegt bereits im Schatten. Von der Zähringerbrücke sehe ich ein drittes Mal aus einem anderen Winkel auf das Auquartier, Loretto und Montorge. Am Tilleul, zu Füssen des golden leuchtenden Turmes der Kathedrale, beschliesse ich, für den letzten Aufstieg den Bus zu nehmen, der eben um die Ecke biegt. Bald bin ich am Bahnhof und nach wenigen Minuten zu Hause.


Technisches: Der ganze Weg ist auf der Landeskarte 1:25000, Blatt 1185 (Fribourg) ersichtlich; ansonsten verweise ich auch auf http://www.plandeville.ch/ville-fribourg. Verschiedene Varianten und Abkürzungen wären möglich: Von der Maigrauge direkt zur Neuveville und mit dem Füni in die Stadt hoch; vom Sonnenberg hinunter zur Oberen Matte und dort auf den Bus; oder von der Galterenbrücke den Jakobsweg-Schildern nach in die Schmiedgasse und weiter über die Bernbrücke oder den Fussgängersteg unter der Zähringerbrücke ins Auquartier. Für den beschriebenen Weg habe ich 70 Minuten gebraucht. Wanderschuhe sind nicht nötig, aber im Abstieg zum See war ich froh um meine guten Turnschuhe.

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