Wieder hat sich Georg Gerster in den griechischen Luftraum geschwungen. Nach den archäologischen Stätten des Festlandes waren dieses Mal die Inseln sein Ziel (mit den unvermeidlichen politisch-militärischen Implikationen, je weiter östlich diese lagen...). Entstanden ist erneut ein opulenter, faszinierender Bildband. Naturgemäss ist die archäologische Ausbeute etwas geringer: Viele der griechischen Inseln lagen die meiste Zeit abseits der grossen Verkehrsströme, ihr karger Boden vermochte (und vermag) nur wenige Menschen zu ernähren, und entsprechend fehlen häufig die grossen Siedlungszentren und Heiligtümer. Einige bedeutende Ausnahmen sind zu nennen, an vorderster Front Delos, Rhodos und Samos; andere, weniger spektakuläre Fundstätten zeugen gleichwohl von der kulturellen Bedeutung des Archipelagus, so die prähistorischen Siedlungen auf Milos, Kea und Syros. Überwältigende Landschaften sind aber auf den meisten Inseln zu entdecken, und so ist Gersters Buch auch ein Bilderbogen der modernen Schönheit der Inseln: die atemberaubende Caldera von Santorini, die zerklüfteten Landschaften von Astypalaia und Amorgos, die karge Perfektion der kykladischen Dörfer Ioulis (Kea), Ios, Mykonos und vieler anderer.
Wiederum steuern Johannes Nollé und Hertha Schwarz erläuternde Texte zur Geschichte der Inseln bei. Die Verknüpfung mit den Bildern scheint mir besser gelungen als beim Vorgängerwerk; ebenso bemüht wirken jedoch auch hier die Versuche, die trockenen Texte mit etwas Witz aufzulockern – der Vergleich mit dem modernen Jetset (p. 43) ist an den Haaren herbeigezogen, die saloppen Lesben-Klischees (anlässlich des Porträts von Sappho, p. 48-49) können nur als peinlich bezeichnet werden. Leider war auch das Lektorat relativ kursorisch. Drei Mal (p. 98, p. 151, p. 168) ist in der Bildlegende der Norden im Süden; im Text wird Osten mit Westen verwechselt (p. 9) und Kreta mit Zypern (p. 12); und dass eine Amphore 30 Hektoliter fasst (p. 60), ist zwar auf den ersten Blick als Absurdität erkennbar, verdunkelt aber den Punkt der Aussage, nämlich den Wert von Chios-Wein. So sind bei der Lektüre wachsames Mitdenken und etwas Langmut angezeigt. Dem Zauber der Bilder tut dies natürlich keinen Abstrich.
Technisches: Johannes Nollé/Hertha Schwarz, Griechische Inseln in Flugbildern von Georg Gerster. Zaberns Bildbände zur Archäologie. Mainz, Philipp von Zabern 2007. ISBN 978-3-8053-3682-6.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen